Reinigungstechniken – Shatkriyas

(aus der Hatha-Yoga Pradipika II/21-23)

Auch wenn ein gesunder Körper über einen „Selbstreinigungs-Mechanismus“ verfügt und regelmäßig eigenständig über Haut, Lunge, Darm und Nieren Abfallstoffe ausscheidet, ist es sinnvoll, ihn bei der Reinigung zu unterstützten. Täglich wird unser Körper den verschiedensten Giften ausgesetzt: Abgase, Industrieschadstoffe, Wohngifte. Dazu kommen Konservierungsstoffe, Pflanzenschutzmittel, Medikamente und Stress. Alles zusammen bringt den Organismus aus dem Gleichgewicht: Erschöpfung, Müdigkeit, Krankheiten und somit verfrühte Alterungsprozesse sind vorprogrammiert.

Shatkriyas („shat“ = sechs, „kriya“ = Handlung, Tat) sind also besonders wertvoll, um den Körper von angesammelten Giftstoffen zu befreien.

Die Hatha Yoga Pradipika, Kap. 2, Vers 22 beschreibt sie als die sechs Reinigungsprozesse:

  1. Dhauti => Waschungen & Verdauungstrakt
    Dhauti umfasst eine Reihe verschiedener Reinigungstechniken, um das Verdauungssystem vom Mund bis zum Enddarm zu reinigen. Auch Übungen zum Reinigen der Augen und Ohren, der Zähne und der Zunge gehören hierzu.
  2. Trataka => Nervensystem Augen
    Trataka dient zur Reinigung der Augen und zur Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit
  3. Neti => Kopfbereich
    Neti ist eine Reinigung von Nase und Stirnhöhle
  4. Basti => Dickdarm,
    Basti ist die Reinigung des Enddarms mit Hilfe eines Klistiers und wird daher oft auch als „yogischer Einlauf“ bezeichnet.
  5. Nauli => Stärkung des Energiesystems
    Nauli ist eine sehr wirksame Methode zur Kräftigung des Unterleibs und zur Reinigung des Dünndarms
  6. Kapala Bhati=> Lungenreinigung (Feueratmung)
    Kapala Bhati ist eine Atemtechnik, die dazu dient, das Gehirn zu reinigen.

Diese Handlungen, die den Körper reinigen, sollten ursprünglich geheim gehalten werden. Sie verleihen außergewöhnliche Eigenschaften und werden von den besten der Yogis mit größtem Ernst praktiziert.
(Quelltext/Buch: Ayurvedischer Yoga von Volker Christmann S. 71-80)

Es ist günstig, alle Kriyas eine Weile lang (ca 3-6 Monate) sehr regelmäßig zu machen. Anschließend kann man sie je nach individuellem Bedarf reduzieren.

1. Dhauti - Waschung: Reinigung der Augen (Chaksua Dhauti)

Du benötigst dafür 1 Schnapsglas lauwarmes, leicht gesalzenes Wasser.
Anwendung: presse das Schnapsglas fest in die Augenhöhle des rechten Auges, während du den Kopf in den Nacken legst und mit dem rechten Auge blinzelst. Wiederhole diese Übung mit dem linken Auge.

1. Dhauti - Waschung: Reinigung der Zunge (Jihwa Dhauti)

Du benötigst dafür 1 Glas lauwarmes, leicht gesalzenes Wasser.
Anwendung Variante 1:

  • gurgle das lauwarme Wasser, spucke es danach aus
  • schließe Zeigefinger, Mittelfinger und Ringfinger und reiben damit die Zunge schnell
    zehn- bis fünfzehnmal vor und zurück, bis ein leichter Brechreiz entsteht.
  • schabe zum Abschluss die Zunge mit einem Zungenschaber.

Anwendung Variante 2:

benutze das Ringana Zahnöl, reinige damit deine Mundhöhle, deine Zunge, spucke es aus und putze dir mit dem restlichen Zahnöl deine Zähne.

Diese Variante 2 praktiziere ich täglich selbst seit Jahren.

2. Trataka – Augenreinigung (Trataka = „sehen“, „starren“)

Du benötigst dafür eine brennende Kerze oder anderen nicht beweglichen Gegenstand z. Bsp Blume, Muschel
Vorgehensweise:

  • Setze dich in einen abgedunkelten Raum in eine angenehme Meditationshaltung
  • Stelle im Abstand von 30-50 cm eine brennende Kerze in Augenhöhe
  • Richte die Wirbelsäule auf, schließe die Augen und entspanne dich
  • Wenn du vollkommen entspannt bist, öffne die Augen und starre unbeweglich und mit höchster Konzentration auf den hellsten Punkt der Flamme. Dein gesamtes Bewusstsein sollte sich in den Augen konzentrieren! NICHT blinzeln und NICHT die Augen bewegen. Wenn die Augen ermüden oder sich mit Tränen füllen, schließe Sie und entspanne dich, ohne deine Haltung zu verändern. Richte deine volle Aufmerksamkeit auf das Abbild, das die Flamme hinter geschlossenen Augen hinterlässt.
  • Öffne die Augen, wenn das Abbild verblasst und setze die Konzentration auf die äußere Kerzenflamme fort.

Mindestens 5 Minuten üben. Als Konzentrationshilfe kann auch ein anderes Objekt genommen werden.

3. Neti Nasenspülung

Du benötigst dafür eine Nasendusche oder ein Neti Kännchen und ½ Ltr. lauwarmes Wasser, in dem man 1 TL Meer- oder Himalaya Salz auflöst.

Anwendung: halte die Tülle an das rechte Nasenloch, neige den Kopf leicht nach links und lass das Wasser in das rechte Nasenloch fließen bis es durch das Linke wieder herausläuft.
Wiederhole diese Übung mit dem linken Nasenloch.

4. Basti: Reinigung des Enddarms

Basti ist die Reinigung des Enddarms mit Hilfe eines Klistiers und wird daher oft auch als „yogischer Einlauf“ bezeichnet.

5. Nauli: (Nala = Nabelstrang, großer Bauchmuskel)

Nauli ist eine sehr komplexe Technik, für deren stufenweises Erlernen viel Geduld aufgebraucht werden muss., weshalb ich sie hier nicht näher beschreibe (es ist eine kreisförmige Bewegung der Bauchmuskulatur).

6. Kapala Bhati (Feueratmung)

Kapalabhati ist eine „Blasebalg ähnliche“ Atmung, mit einer schnellen Auf- und Abwärtsbewegung des Zwerchfells. Die Brust wird bei dieser Atmung stillgehalten. Beim Ausatmen zieht man den Bauch kraftvoll nach innen. Die Einatmung erfolgt passiv. Dies geschieht ca. 2x/Sec. Der Kopf ist gerade, das Kinn leicht angezogen.

Vorgehensweise:

  • Vorzugsweise kreuzbeinige Sitzhaltung einnehmen. Wirbelsäule gerade aufrichten, Schulter & Nacken entspannen & Hände locker auf die Oberschenkel legen (evtl. Chin Mudra)
  • Einige Atemzüge (AZ) entspannt in den Bauch atmen.
    Kräftig ausatmen durch die Nase (als ob man einen Fussel aus der Nase schnauben möchte), indem der untere und mittlere Teil der Bauchmuskulatur kraftvoll kontrahiert und die Bauchdecke Richtung Wirbelsäule gezogen wird. Der Mund bleibt geschlossen. Die Anspannung wieder schnell und vollständig lösen, dadurch senkt sich das Zwerchfell und es wird passiv eingeatmet.
  • Bis zu 120 Atemstöße, danach riefe und ruhige Bauchatmung üben.